Wandern im Nationalpark Hardangervidda


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Hardangervidda ist die größte Hochebene Europas. Sie liegt im Südwesten Norwegens und erstreckt sich auf einer Höhe von durchschnittlich 1300 müNN über eine Fläche von ca. 8000 km2. Gestaltet wurde diese faszinierende Landschaft während der letzten Eiszeit vor 10 000 Jahren. Gletscher schliffen die Felsen ab und hinterließen eine weite Ebene mit Seen und Hügeln, die aufgrund ihrer Hochlage baumlos ist. Wahrzeichen der Hardangervidda ist der 1690 m hohe Berg Hårteigen, der so zentral in der Ebene liegt, dass er von fast überall aus gesehen werden kann. Weiterhin landschaftsprägend ist der Anblick des Gletschers Hardangerjøkulen im Nordwesten. Fast die Hälfte der Ebene wurde als Nationalpark ausgewiesen. Gute Ausgangspunkte für die Erkundung der Hardangervidda sind z. B. Geilo, Finse, Rjukan und Eidfjord. In Eidfjord liegt das Nationalparkzentrum, dass in einem Museum alles Wissenswerte über die Region vorstellt. Ein weiteres Museum liegt in Tinn, am See Møsvatnet. Die Museen beleuchten auch die Geschichte der Hardangervidda, die in der Vergangenheit von Handelsrouten durchzogen war und noch früher zur Rentierjagd genutzt wurde. Die Besiedelungs- und Nutzungsgeschichte lässt sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen.

In dem rauen Klima dort bereitete sich einst der Polarforscher Roald Amundsen auf seine Expeditionen vor. Nur anspruchslose Pflanzen der Tundra fühlen sich wohl, die an die kargen Bedingungen sowie Wind, Schnee und Kälte vor allem im Winter angepasst sind. Auch mitten im Sommer kann noch überraschend Schnee fallen, und wenn es nicht schneit, regnet es oft. Bei der Zusammenstellung von Kleidung und Ausrüstung sollte dieses spezielle Klima mit bedacht werden. Der Westen regnet es dabei noch etwas häufiger als im Osten der Ebene und die beiden Teile unterscheiden sich auch hinsichtlich ihres Landschaftsbildes. Im Westen steigt das Gelände steiler zu den Bergen und Gletschern an und Wanderungen sind entsprechend anspruchsvoll. Im Osten dominieren flachere Hügel und die kargen Wiesen der Tundra. Beide Teile der Ebene haben ihren Reiz und es lohnt sich, sie zu entdecken.

Wer auf dem Fjell wandert, wird immer wieder Schafen und Rentieren begegnen, die dort weiden. Mit etwas Glück sieht man auch Polarfüchse, die dort vor einiger Zeit wieder angesiedelt wurden. Auch andere arktische Tiere kommen dort vor, die in der Hardangervidda an ihre südliche Verbreitungsgrenze stoßen, in der Ebene aber gute und weitestgehend ungestörte Lebensbedingungen vorfinden. 24 Säugetierarten, über 100 Vogelarten und mehr als 500 Pflanzenarten wurden dort schon nachgewiesen. Die Vielfalt der Pflanzen erschließt sich nicht unbedingt auf den ersten Blick, denn es kommen vor allem unscheinbare Gräser, Moose und Flechten vor. Diese zeugen von den kargen Bodenbedingungen, der sauberen Luft und der ungestörten Umwelt.

Auf dem Plateau gibt es zahlreiche markierte und unmarkierte Wanderwege, die größtenteils weder sehr anstrengend noch technisch anspruchsvoll zu begehen sind, solange sie auf der Ebene bleiben, da die Höhenunterschiede dort nicht groß sind. Es kann jedoch gut sein, dass man ab und an kleine Bäche oder Schneefelder überqueren muss. Alte, vereiste Schneefelder sind manchmal tückisch glatt oder brüchig und sollten umrundet werden. Möglich sind Touren von wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen. Das Übernachten stellt kein Problem da, denn das Jedermannsrecht ermöglicht das Zelten überall dort, wo man niemand anderen stört.

Hier ein Beispiel für eine kleine Schnuppertour über die Hardangervidda, die sicher Lust auf mehr macht: "Rund um den Store Krækkja"

Länge: 13 km
Gehzeit: ohne Pausen ca. 3,5 Stunden
Schwierigkeit: einfach, auch für ältere Kinder geeignet
Anreise: Wer mit dem Auto anreisen möchte, nimmt die Straße Nr. 7 und parkt bei der Wanderhütte Fagerheim
Wegbeschreibung: Von der Hütte Fagerheim aus macht man sich auf über eine Brücke und rechts am Bootshaus vorbei auf zum See Krækkja, der in den nächsten Stunden im Uhrzeigersinn umrundet werden soll. Es gibt keinen gekennzeichneten Weg, man sucht sich seinen Pfad selbst. Rechts ragt der Gebirgszug Hallingskarvet auf, in Marschrichtung voraus sieht man den Gletscher Hardangerjøkulen. Auf etwa einem Viertel der Strecke liegt ein Bootshaus mit Steg, das zur Orientierung dient. Die bewirtete Kr?kkjahytta markiert etwa die Hälfte der Wegstrecke. Um zu ihr zu gelangen, überquert man einige Bäche zu Fuß und den Seeabfluss über eine Brücke. Von der Hütte aus ist der Weg zurück nach Fagerheim ausgeschildert. Ein kleiner Anstieg mit nicht einmal 100 Höhenmetern führt auf den Hügel Svonuten, von dem aus man einen guten Blick auf den See und die unten liegende Landzunge hat. Bei der Weggabelung hält man sich rechts, woraufhin nach einiger Zeit wieder der Ausgangspunkt erreicht und der See umrundet ist!

Weitere spannende Touren führen beispielsweise in zwei Tagen vom Vøringfoss-Wasserfall in bergigem Gelände nach Finse, vorbei am Hardangerjøkulen-Gletscher oder in drei Tagen vom Wasserfall aus nach Kinsarvik, vorbei am Wahrzeichen der Ebene, dem Berg Hårteigen. Der VØringfoss-Wasserfall ist spektakulär, denn die Wassermassen stürzen vom Rand der Hardangervidda bis zu 145m tief in eine Schlucht. Es gibt mehrere Aussichtspunkte, deren Besuch vor Beginn oder am Ende einer Wanderung unbedingt eingeplant werden sollte, denn der Wasserfall gehört nicht umsonst zu den bekanntesten Naturattraktionen Norwegens. Sehr schön ist auch die gut markierte Tour von Gvepseborg zur Hütte Helberghytta und zurück. Gvepseborg ist die Gipfelstation der Seilbahn Krossobahnen. Von dort aus geht man zunächst durch einen urigen Wald, bevor man auf die Ebene gelangt und das Auge über die weite Landschaft schweifen lassen kann. Legendär ist der so genannte "Saboteursweg", Sabotørruta, auf dem während des zweiten Weltkriegs norwegische Widerstandskämpfer marschierten, um eine von deutschen Besetzern errichtete Anlage zur Produktion von schwerem Wasser zu sabotieren, denn schweres Wasser wird zur Herstellung von Atombomben benötigt. Die Touristeninformation Rjukan bietet dort geführte Wanderungen an, die allerlei interessante historische Fakten und Anekdoten vermittelt.

Es gibt spezielle Wanderkarten für die Hardangervidda u.a. im Maßstab 1:200 000 und 1:50 000 (Tur- og Fritidskart Nr. 3, Finse). In dem Heft Hardanger-vidda Hytteringen, das im Nationalparkzentrum erhältlich ist, sind alle Wanderhütten verzeichnet.